Hochtemperatur-Stahlspeicher in Berliner Wohnquartier

IMG_20191210_121235.jpeg In einem Berliner Wohnquartier wird ein neuartiger Wärmespeicher erprobt. Die Installation des Hochtemperaturspeichers mit einem Stahlkern ist ein gemeinsames Projekt des Speicher-Start-ups Lumenion, der Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Berlin (Gewobag) und des Energieversorgers Vattenfall. Im Interview erläutert Christian Feuerherd, Geschäftsführer Vattenfall Energy Solutions, das zusätzliche Element einer Power-to-Heat-Anlage in der Quartiersversorgung. Der Beitrag ist in der Zeitschrift EW – Magazin für die Energiewirtschaft, Ausgabe 2/2020 erschienen.

In der Wohnanlage Bottroper Weg in Berlin-Tegel hat Vattenfall als Strom- und Wärmelieferant ein Energiewendeprojekt realisiert und dazu 2014 eine Quartierlösung für die Versorgung mit Wärme und Strom installiert, die aus zwei gasbetriebenen Kesseln und einem großen Blockheizkraftwerk (BHKW) besteht. Dadurch wurde  eine alte Ölheizung ersetzt. Das BHKW hat eine elektrische Leistung von 800 kW und beliefert rund 1700 Wohneinheiten mit Heizungswärme und Warmwasser. Der erzeugte Strom wird den Mietern als Quartier-Strom angeboten. Bei vielen Mietern bestehe großes Interesse, den Strom aus dem eigenen BHKW zu beziehen, berichtet Feuerherd.

Überschüssigen Strom als Wärme speichern

Die bestehende Lösung wurde nun durch einen Hochtemperatur-Speicher ergänzt. Die grundlegende Motivation sei es gewesen, Wege zu finden, um die erneuerbaren Energien in das System zu integrieren. Derzeit sei es so, dass bei guten Sonnen- und Windverhältnissen die Stromnetze die erzeugten Mengen gar nicht aufnehmen können, so Feuerherd. Der Hochtemperaturspeicher sei so konzipiert, dass er große Leistung schnell aufnehmen könne und passe damit Wind- und Sonnenspitzen, die punktuell und stark auftreten.

Stahl hat gute Speichereigenschaften auf kleinem Raum

Bei der Technologie wird ein Speicherkern aus Stahl erhitzt. Stahl eignet sich besonders gut für Hochtemperaturspeicher, weil er sich aufgrund seiner Wärmeleiteigenschaften gut auf Temperatur bringen lässt und gleichzeitig sehr große Mengen Energie auf kleinem Raum speichern kann. Der Hochtemperaturspeicher sei als thermischer Speicher, weniger komplex und günstiger als ein elektrochemischer Speicher. Auch ließen sich sehr große Energiemengen speichern. Ein Speicher im GWh-Bereich hätte etwa die Größe eines Baumarktes und ließe sich noch in bestehende Siedlungsstrukturen integrieren, erklärt Feuerherd.

Energie für Heizung und Warmwasser im Quartier

Batteriespeicher seien hingegen für die Frequenzregulierung, Spannungshaltung, Blindleistung und Schwarzstartfähigkeit mit teurerer Leistungselektronik ausgestattet. Das Versorgungssystem brauche aber beides, erläutert Feuerherd. Die Anlage im Quartier Bottroper Weg habe ein Speichervolumen von 2,4 MWh und eine Leistungsaufnahme von 360 kW. Nach der Einspeicherung soll der Speicher die Leistung geglättet wieder abgeben, deshalb liege die Leistungsabgabe mit rund 100 kW etwas niedriger. Da es im Quartier einen dauerhaften Wärmebedarf gebe, werde die Energie in Form von Wärme ausgekoppelt, in das Wärmenetz integriert und zum Heizen der Wohnung oder Aufbereiten des Warmwassers verwendet.

Rückverstromung als langfristige Perspektive

Zudem wäre es möglich, die gespeicherte Energie auch als Strom zu nutzen. Bei der Einspeicherung könne der Speicherkern auf 650° Celsius erhitzt werden. Diese Energie könne dann auch für eine Turbine genutzt werden, die aus dem Dampf wieder Strom mache. Eine Rückverstromung ist in dem aktuellen Projekt noch nicht vorgesehen, könnte aber ein nächster Schritt sein. Zunächst geht es darum, den Betrieb des Speichers zu erproben und ein bis zwei Jahre Erfahrungen zu sammeln.

Neue Kooperationen zwischen verschiedenen Dienstleistern

Das Projekt habe insbesondere gezeigt, wie neue Formen der Kooperation funktionieren können, so Feuerherd. Drei Partner hätten sich hier eingebracht: Gewobag habe das alte Heizhaus zur Verfügung gestellt. Vattenfall liefere den Strom für den Speicher und nehme die Wärme für das Nahwärmesystem des Quartiers ab. Der Hochtemperaturspeicher sei Eigentum von Lumenion und in der Anfangsphase kümmere sich Lumenion auch um den Betrieb.

 

Das vollständige Interview ist in EW 2/2020 erschienen.

https://energy-solutions.vattenfall.de

www.lumenion.com

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