
Florian Gutekunst, TransnetBW und Dr. Martin Konermann, Netze BW, arbeiten gemeinsam an der Integration erneuerbarer Energien.
Rund 90 Prozent der erneuerbaren Erzeugung wird auf der unteren Spannungsebene in das Stromnetz eingespeist. Die fluktuierende Erzeugung kommt damit direkt auf einer Netzebene an, die bisher durch vorgelagerte Netzebenen versorgt wurde. Stabilisierungsmaßnahmen wie sie im Übertragungsnetz durch angeschlossene Großkraftwerken üblich sind, werden künftig auch im Verteilnetz benötigt. In meinem Beitrag für die Zeitschrift EW – Magazin für die Energiewirtschaft Ausgabe 2/2020 geht es um praktische Fragen des Netzbetriebs beim Austausch von Daten und die Zusammenarbeit von Netzbetreibern unterschiedlicher Spannungsebenen.
Aus Sicht der Betreiber der Stromnetze bedeutet Energiewende, dass 500 Großkraftwerke in der Höchstspannungsebene durch 5 Millionen Kleinstanlagen auf den unteren Netzebenen ersetzt werden. Dadurch verändert sich die Einspeisehierarchie zwischen den Spannungsebenen. Frühere Aufgaben der Übertragungsnetzbetreiber werden auf die Verteilnetzbetreiber übertragen.
Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz integrieren
Zur Koordination über die Spannungsgrenzen hinweg, haben die Netzbetreiber TransnetBW und Netze BW mit Partnern die Initiative Datenaustausch/Redispatch (DA/RE) entwickelt. „Bis 2050 müssen wir dreimal mehr erneuerbare Energien in das Netz integrieren als heute. Bisher ist diese Erzeugung schlecht regelbar. Insbesondere die wetterbedingt starken Volatilitäten führen zu Überlastungssituationen. Daher brauchen wir mehr Transparenz und Aktorik in der Niederspannung“, berichtet Martin Konermann, Geschäftsführer, Netze BW.
Redispatch auch im Verteilnetz
Um die Netze den veränderten Anforderungen anzupassen und Netzausbau möglichst zu vermeiden, muss der Netzbetrieb verändert werden. Nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz 2.0 (NABEG) sind die Betreiber aufgefordert, bis zum 1. Oktober 2021 die Prozesse zwischen Verteil- und Übertragungsnetz neu zu regeln. Danach sollen Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber bei Redispatch-Maßnahmen auf alle Anlagen größer als 100 kW zugreifen können. Die Verteilnetzbetreiber werden zu einem planwertbasiertem Redispatch verpflichtet: Maßnahmen müssen im Voraus angewiesen und bilanziell ausgeglichen werden. Die kurzfristige Abregelung von überschüssiger Erzeugung ist nur im Notfall vorgesehen.
Im Rahmen der Initiative DA/RE wurde in Baden-Württemberg mit verschiedenen Partnern, darunter Next Kraftwerke, Entelios und Sonnen erprobt, wie sich Flexibilitäten bei der Nachfrage nutzen lassen. Dabei wurden Batteriespeicher für Erzeugung aus Photovoltaik zur Entlastung des Netzes herangezogen. „Ziel der Initiative ist der Datenaustausch und die Koordination von Redispatch aus unterlagerten Netzebenen über eine zentrale Plattform,“ erläutert Florian Gutekunst, DA/RE-Projektleiter bei TransnetBW. „Im April 2019 haben wir mit der Pilotphase begonnen und 40 dezentrale Anlagen zwischen 3 kW bis 24 MW angeschlossen, darunter Blockheizkraftwerke, Heimspeicher, Biogas- sowie Windanlagen,“ so Gutekunst weiter. Dieses Projektstadium sei bis zum 1.12.2019 erfolgreich abgeschlossen worden.
Unterschiedliche Rollen für Netzbetreiber und Aggregatoren
Deutlich herausgearbeitet wurden die unterschiedlichen Rollen von Verteilnetzbetreibern, Aggregatoren und Übertragungsnetzbetreibern. „Für den Übertragungsnetzbetreiber sind vor allem die Auswirkungen an den Übergabestellen wichtig. Dieser benötigt keine Details zu den einzelnen Anlagen in der Mittel- oder Niederspannung“, so Gutekunst. Der Verteilnetzbetreiber müsse hingegen bewerten, ob er eine Einheit für Redispatch einsetzen kann. Dazu brauche er Sensorik im Netz. Trotz der übergreifenden Struktur bleibe jeder Betreiber für sein Netz verantwortlich.
Der vollständige Beitrag ist in EW 2/2020 erschienen.
Auf dem Foto sind zu sehen: Florian Gutekunst, TransnetBW und Martin Konermann, Netze BW.