Die Stromerzeugung aus Braunkohle ist umstritten, da die CO2-Emissionen relativ hoch sind und alternative Möglichkeiten der Stromproduktion technisch zur Verfügung stehen. Spätestens in der nächsten Legislaturperiode sollte die Politik nach Einschätzung des Auftrag des World Wide Fund For Nature (WWF) Deutschland den Ausstieg aus der Braun- und Steinkohleverstromung regeln, um die Klimaschutzvereinbarungen von Paris einhalten zu können. Bis 2035 müsste die gesamte Stromerzeugung aus Kohle durch klimafreundlichere Erzeugungsalternativen ersetzt werden. Grundlage ist eine neue Studie von Prognos und Ökoinstitut im Auftrag des WWF.
In der Studie „Zukunft Stromsystem – Kohleausstieg 2035 vom Ziel her denken“ werden zwei Szenarien untersucht: Ein Schnelllaustieg und ein moderater Transformationspfad. Letzterer wird auch zur Umsetzung empfohlen, um große Brüche im System der Stromversorgung zu vermeiden und die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden.
Nach Berechnungen des Weltklimarates IPCC dürfen ab 2015 weltweit jährlich nicht mehr als 890 Milliarden Tonnen CO2 emittiert werden, um den Temperaturanstieg auf 2 Grad zu begrenzen. Bei einer Aufteilung des weltweiten Budgets von 890 Gigatonnen auf die heutige Weltbevölkerung entfallen auf Deutschland noch insgesamt 10 Gigatonnen, die in Zukunft emittiert werden dürfen. Würden nicht 2 sondern maximal 1,5 Grad als Grenze der Erderwärmung angestrebt, sei das Restbudget für Deutschland mit 4,3 Gigatonnen nur noch halb so groß.
Der deutsche Stromsektor dürfte demnach zukünftig maximal noch 4 Gigatonnen an Treibhausgasen ausstoßen. Aktuell stößt die Energiewirtschaft rund 350 Mio. Tonnen pro Jahr aus. Das sind etwa 37 Prozent der gesamten deutschen Emissionen. Rund 80 Prozent davon stammen aus Kohlekraftwerken. Würden die CO2-Emissionen auf dem heutigen Niveau verbleiben, wäre das deutsche Budget binnen 12 Jahren aufgebraucht.
Nach Einschätzung des Öko-Instituts ist die Stilllegung der Kohlekraftwerke ein Schlüssel zum Klimaschutz. 48 Prozent der Braunkohlekraftwerke und 51 Prozent der Steinkohlekraftwerke sind älter als 25 Jahre. Im Zuge des vorgeschlagenen Transformationsprozesses sollen von 2015 bis 2020 ältere Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung 9 GW und Steinkohlekraftwerke mit einer Leistung von 8 GW stillgelegt werden, von ohnehin aus dem Markt genommenen Kapazitäten einmal abgesehen. Von 2020 bis 2025 kommen Stilllegungen von 2,5 GW Steinkohleanlagen hinzu. In den folgenden fünf Jahren sollen weitere Braunkohlekraftwerke von 5,7 GW und Steinkohlekraftwerke mit 7,7 GW stillgelegt werden.
Alle Kohlekraftwerke in Deutschland sollen bis 2035 abgeschaltet und durch klimafreundlichere Alternativen ersetzt sein. Den Strombedarf könne der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien abdecken, insbesondere Wind- und Solaranlagen sowie, Erdgaskraftwerke für einen Übergangszeitraum. Für die Versorgungssicherheit bedeuten die Stilllegungen nach Einschätzung der Institute keine höheren Risiken. Denn die fehlenden Kapazitäten könnten in den nächsten Jahren durch eine stärkere Auslastung von Gaskraftwerken und den Ausbau erneuerbarer Energien kompensiert werden. Hinzu kämen abschaltbare Lasten, Beiträge des Auslands und Speicher. Unter den Modellannahmen wurden eingeplante Reservekraftwerke nur selten abgerufen: Maximal 10 Volllaststunden mit einem Erzeugungsbeitrag von weniger als 0,1 TWh schätzt die Untersuchung.
Der Kohleanteil Anteil im Erzeugungsmix würde nach den Berechnungen schrittweise sinken: Bis 2020 ermittelte das Modell einen Rückgang auf jeweils gut 10 Prozent bei Braun- und Steinkohle. Bis 2025 sinken diese Anteile weiter auf 9 Prozent. Bis 2030 rechnet das Szenario mit 6 Prozent Anteil an der Stromerzeugung für Braukohle und 7 Prozent Anteil für Steinkohle. Bis 2035 wird die Kohleverstromung beendet.
Ein Ausbau erneuerbarer Energien müsste allerdings deutlich schneller erfolgen, als das mit dem gegenwärtigen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) angepeilt wird. Andernfalls befürchten die Autoren, dass eine erdgasbasierte Stromerzeugung zum Ausgleich der abgeschalteten Kohlekraftwerke zur Überschreitung des Emissionsbudgets führt. Würden wie im EEG geplant nur rund 2 bis 3 Gigawatt zugebaut, müsste der fehlende Strom mit Erdgas erzeugt werden. Auch wenn Erdgas emissionsärmer als Kohle ist, wären dies zu hohe Emissionen für die Einhaltung des Budgets.
Der vollständige Beitrag ist in ew 3/2017 erschienen.