Energiebeschaffung 2022: Auch für Stadtwerke sind Strom und Gas teuer geworden

Energiehandel im Trading Floor von Trianel

Energie ist teuer geworden. Das spüren die Verbraucher ebenso wie ihre Lieferanten.  Nach einer Branchenumfrage kaufen Stadtwerke Strom und Gas nun kurzfristiger und mit höheren Preisrisiken ein. Die Mehrzahl der Befragten erwartet auch mittelfristig ein hohes Preisniveau und stärkere Preisschwankungen an den Großhandelsmärkten. Eine ausführliche Darstellung der Umfrage, die durch das Handelshaus und Beratungsunternehmen Trianel durchgeführt wurde, ist im Sonderheft EW Spezial Stadtwerke erschienen. 

In der Vergangenheit war es bei Stadtwerken üblich, Energie mit einem mehrjährigen Vorlauf einzukaufen und dann kurzfristig an den aktuellen Bedarf anzupassen.  Dies ermöglichte preisgünstige Konditionen und Verlässlichkeit. Im Jahr 2022 hat sich der Großhandelsmarkt für Strom und Gas deutlich verändert.

Die historisch hohen Preisniveaus und sowie die Unsicherheiten in Folge des Ukraine-Kriegs stellen nun die Beschaffungsstrategien auf die Probe. 97 Prozent der Stadtwerke schätzen ihren Handlungsdruck in der Beschaffung als hoch bis sehr hoch ein, so ein Ergebnis der Umfrage.

Paul Jüngst, Leiter Trendscouting, Trianel. Bildquelle: Trianel

Im Fokus der Erhebung aus dem Juni 2022  standen die Erfahrungen von 132 Experten aus 59 Stadtwerken zur Markt- und Preisentwicklung, zum Marktzugang, zur Beschaffung sowie zum Umgang mit Risiken. Befragt wurde eine heterogene Gruppe kleinerer, mittlerer und größerer Unternehmen aus ganz Deutschland, berichtet Paul Jüngst, Leiter Trendscouting bei Trianel.

Die Preise sind 2022 gestiegen und das Angebot für längerfristige Produkte ist zurückgegangen. Rund 80 Prozent der Befragten erwarten mittelfristig ein hohes und sogar steigendes Preisniveau. 73 Prozent gehen davon aus, dass dieser Trend auch langfristig anhält und 61 Prozent rechnen mit einer starken Volatilität der Preise. Zudem berichteten die Befragten, dass an den Terminmärkten weniger angeboten werde.

Die aktuelle Entwicklung am Großhandelsmarkt wirkt sich inzwischen auch auf die Verträge mit den Verbrauchern aus. „Bereits im Mai und Juni 2022 waren die sichtbaren und erwartbaren Veränderungen so deutlich, dass 83 Prozent der befragten Unternehmen ihre Strom- und Gastarife gegenüber ihren Kunden angepasst haben“, erläutert Jüngst.

Jan Drößler, Leiter Risikomanagement, Trianel. Bildquelle: Trianel

„Stadtwerke erkennen zunehmend, dass sie ihren Instrumentenkasten bei der Beschaffung und beim Risikomanagement erweitern müssen,“ erläutert Jan Drößler, Leiter Risikomanagement Dienstleistungen bei Trianel. Viele Stadtwerke hätten ihre Beschaffungsstrategien verändert. Die für zwei bis drei Jahre auf Termin beschafften Mengen werden mit unterjährigen Produkten optimiert. „Eine Optimierung über Quartals- und Monatsprodukte ist komplexer, aber ein guter Ansatz, die Risiken zu verringern“ analysiert Drößler. Eine Kombination von verschiedenen Instrumenten zur Risikosteuerung sei  wichtig. Dazu zählten die Festlegung von Preislimits und Mengenkorridoren.

Anpassungsbedarf sieht Drößler auch bei der aktiven Überwachung des Kreditrisikos in der Energiebeschaffung. Dieses besteht darin, dass Vertragspartner ihren Liefer- oder Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen könnten und sich neben dem Forderungsausfall die Marktpreise für die Ersatzbeschaffung oder den Wiederverkauf nachteilig entwickeln.

Bei der Befragung wurde nicht systematisch nach Commodities unterschieden. Die Experten gehen davon aus, dass sich Strom- und Gasmarkt ähnlich entwickeln. Insbesondere durch die Nutzung von Gas zur Stromerzeugung gebe es eine enge Korrelation zwischen den Märkten. Gaskraftwerke werden zum Ausgleich der fluktuierenden erneuerbaren Energien eingesetzt.

http://www.trianel.com

Der vollständige Beitrag ist in EW Special 1/2022 Stadtwerke erschienen.

Bilder und Grafiken: Trianel

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