Gasspeicher als Wintervorrat für Sonnen- und Windstrom

300_pk-studie-gas_33.jpgWie lassen sich jahreszeitliche Erzeugungsschwankungen aus erneuerbaren Energien überbrücken? Diese Frage ist trotz aller Fortschritte bei Batteriespeichern noch ungelöst. Eine Studie des Beratungsunternehmens enervis empfiehlt über Power-to-Gas die Gasspeicher als Speicher für erneuerbaren Strom zu nutzen. Im Interview mit der Zeitschrift EW – Magazin für die Energiewirtschaft rät Sebastian Klein, Prokurist, enervis energy advisors GmbH, Berlin von einer vollständigen Elektrifizierung der Energieversorgung ab. 

Das Energiesystem eines treibhausgasneutralen Deutschlands im Jahr 2050 wird deutlich anders aussehen als heute, ist Klein überzeugt. Es müsse ausreichend Strom aus erneuerbaren Energien bereitgestellt und diese Mengen in den Absatzmarkt integriert werden. Hierfür bedürfe es der Nutzung erneuerbarer Gase. Dieser Gasbedarf könne durch Wasserstoff und Methan gedeckt werden, die über Power-to-Gas mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wurden. Die bereits heute vorhandenen Gasspeicher könnten die erneuerbaren Gase flexibel ein- und auslagern, welche bei Bedarf auch für die Stromerzeugung genutzt werden. Andere Energieträger fossilen Ursprungs wie Kerosin, Benzin und Diesel werden durch erneuerbare Gase oder erneuerbare liquide Brennstoffe ersetzt.

Klein hat mit seinen Kollegen errechnet, dass für ein optimiertes Szenario 2050, in dem es zu verstärktem Einsatz erneuerbarer Gase kommt rund 2.053 TWh Strom aus erneuerbaren Quellen produziert werden muss, um das Ziel der Treibhausgasneutralität zu erreichen. Dazu müssten jeweils 2% der Landesflächen zur Installation von erneuerbaren Erzeugungskapazitäten für Photovoltaik und Windanlagen genutzt werden.

In der Studie wurden die Quellen für 90 % der Treibhausgasemissionen untersucht und die Sektoren Wärme, Verkehr, Strom und FeedStock betrachtet. Gegen eine vollständige Elektrifizierung sprechen nach Ansicht der Autoren technische und wirtschaftliche Gründe. Insbesondere in Bereichen des Wärmemarktes sei eine Nutzung erneuerbarer Gase volkswirtschaftlich sinnvoll. Zusätzlich seien erneuerbare Gase in Bereichen des Verkehrs und des FeedStocks der Industrie zwingend erforderlich.

Eine Dekarbonisierung des PKW-Verkehrs sei durch die Elektromobilität – ohne die Betrachtung der individuellen Bedürfnisse wie Ladedauer und Ladeinfrastruktur sowie des Stromverteilnetzes – prinzipiell möglich, jedoch würden in Bereichen des Gütertransports und in den sensiblen Bereichen Militär, Sicherheit, Rettungsdienst, Feuerwehr erneuerbare Gase mit einem Energiegehalt von etwa 140 TWh benötigt. Bei der See- und Luftfahrt sieht Klein synthetisch erzeugte flüssige Brennstoffe als CO2-freie Alternative für heutige fossile Brennstoffe. Im Wärmemarkt seien erneuerbare Gase insbesondere in Bereichen mäßig sanierter Bestandsgebäude und in industriellen Prozessen zu verwenden. Klein empfiehlt  die direkte Nutzung synthetischer Gase im Wärmemarkt von etwa 393 TWh.

Das vollständige Interview ist in EW 2/2018 S. 14 und 15 erschienen.

Bildquelle: enervis