
Andreas Kuhlmann im Interview: “Es ist wichtig, dass wir die gesellschaftliche Debatte über eine Transformation mit der Diskussion über die weiteren Schritte der Energiewende verzahnen.”
Die Corona-Pandemie hat die grundlegenden Probleme in der Welt nicht kleiner gemacht. Und so bleibt auch der Klimaschutz eine zentrale Herausforderung des Jahrhunderts, nicht nur für die Energiewirtschaft. Für eine nachhaltige Dekarbonisierung ist es elementar, sowohl die Sektoren der Wirtschaft als auch die Wertvorstellungen der Gesellschaft zu integrieren. Im Interview für die Zeitschrift et – Energiewirtschaftliche Tagesfragen erläutert Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energieagentur (dena), weshalb des so wichtig ist, die unterschiedlichen Debatten über die Transformation des Gesamtsystems zu verzahnen.
Nach Einschätzung von Kuhlmann verharrt die gesellschaftliche Diskussion in einem Spannungsfeld zwischen apokalyptischen Reitern und Apologeten des grünen Wachstums. Das habe zur Folge, dass die tatsächlichen Anforderungen einer grundlegenden Transformation bis 2050 unterschätzt werden. Klimaschutz werde nicht mit einfachen Reparaturmaßnahmen zu schaffen sein. Die Gesellschaft befinde sich nach wie vor im Rausch einer Extraktionswirtschaft, die in den letzten 200 Jahren aufgebaut worden sei. Es zeige sich, dass das nicht die Zukunft sein könne, sondern eine Kreislaufwirtschaft entwickelt werden müsse.
Grünes Wachstum als Lösung
Das bedeute aber nicht, dass es vor allem um den Verzicht auf Wachstumsprozesse gehe, stellt Kuhlmann klar. Wachstum sei nötig nicht nur für die Strukturen und Stabilität in Deutschland, sondern auch global. Gerade ärmere Länder benötigten eine Entwicklungsperspektive. Die Lösung müsse „grünes“, anderes Wachstum sein, dass sich an den 17 Sustainable Development Goals der Weltgemeinschaft bis 2030 orientiert. Dazu zählten Armutsbekämpfung, Bildung und Gesundheitsvorsorge ebenso wie saubere, bezahlbare Versorgung mit Energie und Wasser sowie Nachhaltigkeit bei Produktion, Konsum und weltweite Klimaschutzmaßnahmen.