Als die ersten Elektroautos auf den Markt kamen, beschäftigte viele Fahrer die Sorge, rechtzeitig eine Ladesäule zu finden. E-Fahrzeuge brauchen Stromtankstellen und umgekehrt. Eines der “Henne-Ei-Probleme”, von denen die Energiewende viele bereithält. In der Praxis finden sich nun Lösungen. Nach einer Umfrage des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist die Zufriedenheit der E-Mobilisten ist sehr hoch und 98 Prozent würden auf jeden Fall wieder ein Elektroauto kaufen. Der Beitrag ist in voller Länge in der Zeitschrift EW – Magazin für die Energiewirtschaft Ausgabe 11/2022 erschienen.
Autofahrer von Diesel- oder Benzinfahrzeugen haben eine andere Meinung vom elektrischen Fahren als die E-Mobilisten. Auch letztere haben sich vor dem Kauf mit möglichen Problemen beschäftigt. Im Alltag zeigte sich dann, dass die Bedenken unbegründet waren.
Durchgeführt wurde die Online-Erhebung von UScale im Juli und August 2022 im deutschsprachigen Raum. Die Fahrzeuge der 1.300 Befragten waren im Mittel zwei Jahre alt und die Vielfahrer hatten bereits drei Jahre Erfahrungen mit einem eigenen elektrischen Auto gesammelt. Zwei Drittel fahren mit dem E-Auto auch in den Urlaub.

Kerstin Andreae, BDEW, beobachtet eine hohe Zufriedenheit bei der E-Mobilität. Bildquelle: BDEW/Truschel.
„In der öffentlichen Diskussion über Elektromobilität fehlt bislang oft die Perspektive derjenigen, die Elektromobilität Tag für Tag nutzen. Wir haben nachgefragt und sehen nun, dass die Zufriedenheit insgesamt sehr hoch ist und das Ladeangebot deutlich besser ist als sein Ruf,“ erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Die gesellschaftliche Debatte sei anfangs von Zweifeln an der Reichweite des Elektroautos geprägt gewesen, erläutert Andreae. Reichweitenangst sei nur für ein Prozent der Befragen ein Thema. Inzwischen sei das Vertrauen in die Technologie sehr hoch. Während die ersten E-Autofahrer überwiegend durch ökologische Vorteile motiviert waren, rücke nun das Fahrerlebnis und die niedrigen Betriebskosten in den Blick, so ein weiteres Ergebnis. Sorgen bereiten den E-Mobilisten lange Lieferzeiten und hohe Anschaffungskosten.
Ladesäulen sind im Alltag verfügbar
Die Verfügbarkeit von öffentlichen Ladesäulen, Lade-Apps und Ladestandorte sei deutlich besser geworden. Nach Auskunft der Befragten wird das Fahrzeug bei der Hälfte der Fahrer ein oder zweimal pro Woche geladen – an ganz unterschiedlichen Orten: Drei Viertel der Befragten laden ihr Fahrzeug zuhause, ein Viertel hat eine Möglichkeit beim Arbeitgeber. Ein Drittel der Befragten gab an, Lademöglichkeiten auf Kundenparkplätzen gelegentlich zu nutzen.
Aus Sicht der drei BDEW-Mitgliedsunternehmen Allego, EnBW und Stromnetz Berlin ist die Entwicklung auf einem guten Weg. Die Unternehmen glauben an den Markt und investieren, auch wenn das Geschäft aus betriebswirtschaftlicher Sicht eher langfristig interessant ist.
Ulf Schulte, Geschäftsführer, Allego sieht die Entwicklung auf einem guten Weg: „Elektromobilität erlebbar machen ist enorm wichtig, um Berührungsängste abzubauen und zu zeigen, dass diese alltagstauglich ist.“
Um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern, will Allego eine eigene Strombeschaffung aufbauen und die Ladesäulen trotz derzeit sinkender Margen weiter betreiben. Auch bei EnBW sind Fragen der Energiebeschaffung und Auslastung auf der Agenda.
Während in ländlichen Regionen mit vielen Eigenheimen eine Ladesäule auf dem eigenen Grundstück untergebracht werden kann, spielt in Großstädten das öffentliche Laden eine größere Rolle und das Ladenetz wird kontinuierlich verdichtet.
„Seit 2019 befinden wir uns in einem exponentiellen Wachstum in Berlin. Mittlerweile gibt es 13.000 Ladepunkte in der Hauptstadt – davon etwa 1.700 im öffentlichen Raum,“ berichtet Claudia Rathfux, Prokuristin und Leiterin Kunden- und Marktbeziehungen, Stromnetz Berlin, von den Entwicklungen.
Bis 2030 sollen 2.000 weitere öffentliche Ladepunkte durch die Berliner Stadtwerke und weitere 1.500 durch Dritte aufgebaut werden. Zudem sind pro Berliner Bezirk zwei Schnellladezentren geplant.
Hochgeschwindigkeitsladen wird ausgebaut
Nicht nur die Anzahl der Ladesäulen ist in Deutschland gestiegen, auch die Technologie des Ladens wird weiter entwickelt. EnBW hat sich auf das Hochgeschwindigkeitsladen spezialisiert und will über High-Power-Charging mit einer Ladeleistung ab 150 KW den Alltagsnutzen der E-Mobilität massiv steigern. Die neue Infrastruktur soll kürzere Ladezeiten ermöglichen. EnBW baut das Schnellladenetz an Autobahnen, Landstraßen und in Innenstädten in der Nähe von Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten aus.
„Gegenwärtig gibt es in Deutschland mehr als 12.000 Schnellladepunkte“, schätzt Timo Sillober, Chief Sales & Operations Officer, EnBW.
EnBW hat 800 Standorte mit 2.000 Ladepunkten gebaut und will bis Jahresende auf 1.000 Standort mit 3.000 Ladepunkten hochskalieren. Der Aufbau der Infrastruktur laufe mit dem Markt einher. An Ladeparks seien mehrere Ladesäulen verfügbar. Das Unternehmen beobachtet keine Überauslastung.
Für einen weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur werden noch viele Flächen benötigt. Das Laden von Elektrofahrzeugen sei etwas anderes als das Tanken, denn die Ladeinfrastruktur müsse in den Alltag integriert werden, macht Schulte deutlich. Allego schließt dazu Partnerschaften mit Supermärkten, Baumärkten und Autohäusern über den Betrieb von Ladesäulen für zehn bis zwanzig Jahre. Kommunale Flächen seien hingegen schwieriger zu erschließen.
Aufgabe für den Staat: Beschleunigung der Genehmigungsprozesse
Die Rolle des Staates sehen die Unternehmen vorrangig bei einer Beschleunig der Genehmigungsprozesse und einer Weiterentwicklung des Gesamtsystems. Die Ladeinfrastruktur für elektrisches Fahren könne im Wesentlichen durch die Privatwirtschaft aufgebaut werden. Schwierigkeiten beim Ausbau der Ladeinfrastruktur bereiten der Energiebranche vor allem regulatorische Hemmnisse.
Nach einem Vorschlag des BDEW soll sich das gesamte System der E-Mobilität noch nutzerfreundlicher werden. Wichtig sei vor allem ein reibungsloses Zusammenspiel der Akteure. Über eine App auf dem Smartphone sei ein vollautomatisches Laden möglich. Dazu gehöre auch, dass der Vertrag im Fahrzeug hinterlegt sei, die komplette Ladeinfrastruktur im Navigationsgerät angezeigt werde und der Batterieladezustand in der Routenplanung berücksichtigt werden. Um ein bidirektionales Laden zu ermöglichen, müssten Aggregatoren einen Zugriff auf die Batterie im Fahrzeug bekommen.
Der vollständige Beitrag ist in EW 11/2022 erschienen.
Bildquellen: Stromnetz Berlin, EnBW/Andre Dulic, Allego, BDEW/Trutschel
www.enbw.com