CO2-Reduktion weiter entwickeln

170210-ifht-portrait-071-4.jpgBeim Ausbau der erneuerbaren Energien hat Deutschland schon viel erreicht. Die CO2-Emissionen sind allerdings noch deutlich höher als geplant. Als nächste Maßnahmen werden Sektorkopplung, Kohleausstieg und Elektromobilität diskutiert.

Im Interview mit der Zeitschrift EW – Magazin für die Energiewirtschaft spricht  Prof. Dr.-Ing. Armin Schnettler, Senior Vice President Corporate Technology, Research in Energy and Electronics, Siemens, über die Weichen, die die Energiepolitik für mehr Klimaschutz stellen sollte.

Schnettler schlägt vor, dass Investitionen gefördert werden, die aus heutiger Sicht definitiv benötigt werden – sogenannte No-Regret-Maßnahmen. Dazu gehörten der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien, der Zubau von Gaskraftwerken, der Netzausbau und die Sektorkopplung mit Power-to-Heat, Power-to-Gas und Power-to-Chemicals.

Das für 2020 gesetzte Ziel von 40 Prozent erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung wird Deutschland voraussichtlich 2018 erreichen, erläutert Schnettler. Um die Ziele für 2035 und 2050 anzugehen, empfiehlt er mehr Flächen für Photovoltaik- und Windkraftwerke auszuweisen, die Ziele für den Offshore-Ausbau zu erhöhen und das Repowering voran zu treiben.

Ohne Kraftwerke wird es auch künftig nicht gehen. Schnettler ist überzeugt, dass noch mehr Gaskraftwerke gebraucht werden. Denn solange weiterhin ein so großer Anteil der Stromerzeugung aus Braunkohlekraftwerken komme, werde Deutschland seine Klimaziele verfehlen. Dabei gehe es nicht um einen radikalen Kohleausstieg, sondern erst einmal um die Stilllegung der CO2-intensivsten Kraftwerke. Die Bundesnetzagentur habe daher auch im letzten Netzentwicklungsplan den Zubau von 8 Gigawatt Gaskraftwerken bis 2025 eingeplant, um die Abschaltung von Kernkraftwerken und älteren Braunkohlekraftwerken auszugleichen.

Damit sich Gaskraftwerke auch wirtschaftlich betreiben lassen, müsse sich das Marktdesign verändern. Der bisher dauerhaft niedrige CO2-Preis im europäischen Emissionshandel reduziere ungewollt den Betrieb von Gaskraftwerken zu Gunsten höherer Kohleverstromung. Damit Investoren Anreize bekommen, empfiehlt Schnettler eine besondere Vergütung für Gaskraftwerke oder eine höhere Bepreisung bzw. Begrenzung der jährlichen CO2-Emissionen. Kohlekraftwerke sollten als Reserve für kalte Wintertage vorgehalten werden. Solche Bedarfsspitzen ließen sich gut vorhersehen und ein stehendes Kraftwerk kann innerhalb von 15 Stunden einsatzbereit sein.

Zu einer Green Economy gehört aber noch mehr: Schnettler verweist auf die Bedeutung der Sektorkopplung. Erneuerbare Energien seien die Primärenergiequelle, die dann aber durchaus in andere Brennstoffe umgewandelt werden können. Aus Photovoltaik- und Windstrom kann über Elektrolyse Wasserstoff produziert werden. Für Wasserstoff gibt es sehr viele Anwendungsmöglichkeiten: Als Prozessgas in der Industrie, als Treibstoff für Brennstoffzellen, als Basischemikalie für Ammoniak und Methanol sowie als Langzeitspeicher im Gasnetz. Gasturbinen könnten beispielsweise mit einem Anteil von bis zu 80 Prozent Wasserstoff betrieben werden.

Ammoniak könnte als wichtiger Bestandteil von Düngemitteln in der Kombination von Photovoltaik und Windanlagen eine Art „New Oil“ werden. Die Ammoniakproduktion ist derzeit aufgrund des Einsatzes von fossilen Brennstoffen für 1 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, berichtet Schnettler. Zum Vergleich: Der Flugverkehr hat einen Anteil von 2 %.

Das vollständige Interview ist in EW 1/2018 S. 12 und 13 erschienen.

Bildquelle: Siemens